Frühgeburten frühzeitig verhindern

In Deutschland leiden 1,2 Mio. zumeist ältere Menschen an einer Demenz, weltweit sind es sogar ca. 46,8 Mio. Menschen. Eine neue Forschungsarbeit des UKE, die den Zusammenhang von Parodontitis und Demenz untersucht, gibt Hoffnung, zumindest einem Teil der Betroffenen zukünftig helfen zu können.

Als Demenz bezeichnet man Erkrankungen des Gehirns, bei denen es um mehr geht als nur um „Vergesslichkeit“. Obwohl die Erkrankung oft harmlos beginnt, führt sie am Ende fast immer dazu, dass sich die Betroffenen nicht mehr in ihrem Alltag zurechtfinden und irgendwann vollkommen auf fremde Hilfe und Pflege angewiesen sind. Einem breiteren Publikum wurde die Problematik durch Til Schweigers Film „Honig im Kopf“ bekannt, der die Demenzerkrankung eines Familienmitglieds aus dem Blickwinkel eines Kindes sensibel und humorvoll erzählt. Die Realität ist aber in der Regel eine andere. Eine Demenzerkrankung wird von den pflegenden Angehörigen meist als eine gravierende Herausforderung empfunden. Die Demenz ist quasi eine „Familienkrankheit“, die dementsprechend auch jedes Familienmitglied extrem belastet.

Die Demenz ist eine neurodegenerative Erkrankung, bei der Nervenzellen allmählich verloren gehen. Die häufigsten Formen sind die Alzheimer-Krankheit und die vaskuläre Demenz, die zusammengenommen ca. 85 % aller Fälle ausmachen. Während die Alzheimer-Krankheit durch Eiweißablagerungen, sogenannten Amyloid-Plaques (senile Plaques), im Gehirn verursacht wird, beruht die vaskuläre Demenz auf einer Durchblutungsstörung des Gehirns. Bekannte Risikofaktoren für die vaskuläre Demenz sind Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), ein hoher Cholesterinspiegel (Blutfettwerte), Übergewicht, Bewegungsmangel und Rauchen. Das Alter sowie genetische Veranlagungen sind die wichtigsten Risikofaktoren für eine Alzheimer-Krankheit. Darüber hinaus spielen bei beiden Demenzformen chronische Entzündungsprozesse eine wichtige Rolle.

Die anatomisch bedingte räumliche Nähe von Mundhöhle und Gehirn hat zur Folge, dass orale Bakterien das Gehirn leicht über den Blutkreislauf erreichen können (Oral-Brain-Axis) oder über den Nervus trigeminus. Porphyromonas gingivalis, der Leitkeim der chronischen Parodontitis, konnte kürzlich post mortem erstmalig im Gehirn von Alzheimer-Patient:innen nachgewiesen werden. Deshalb wird diskutiert, ob Porphyromonas gingivalis und dessen Virulenzfaktor Gingipain für die Entzündungsprozesse im Gehirn mitverantwortlich sein könnten. Bisher gibt es aber keine eindeutigen epidemiologischen Beweise für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen diesem Bakterium bzw. der Parodontitis und dem Auftreten der Alzheimer-Krankheit. Darüber hinaus ist es unklar, ob eine chronische Parodontitis das Risiko für Demenzerkrankungen erhöht oder ob Patient:innen mit Demenz, aufgrund der motorischen und kognitiven Beeinträchtigungen, nicht in der Lage sind, ihre Zähne ausreichend zu pflegen.

Am Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf beschäftigt man sich bereits mit der Untersuchung dieser Fragestellung. Im Rahmen einer durch die DFG geförderten Studie, der PAROBRAIN Studie, werden z. Z. erstmalig State-of-the-Art MRT-Imaging-Techniken in zahnmedizinisch detailliert charakterisierten Proband:innen eingesetzt, um in einer großangelegten repräsentativen Kohortenstudie – der Hamburg City Health Study (HCHS) – den Einfluss der Parodontitis auf Hyperintensitäten der weißen Hirnsubstanz (WMH) und stumme Hirninfarkte zu untersuchen.

Ziel dieser Studie ist es, Gehirn-MRT-Daten mit Daten des oralen Mikrobioms und der Zahnuntersuchung zu verknüpfen, um einen Screeningtest zu entwickeln, der zuverlässig Hochrisikopatient:innen für eine durch Parodontitis bedingte Demenzerkrankung identifiziert. Zurzeit wird in präklinischen Phase-I- und Phase-II-Studien an einer Reihe von Inhibitoren gegen den Virulenzfaktor Gingipain gearbeitet. Der aktuell vielversprechendste Inhibitor, COR388, konnte in sowohl die Porphyromonas gingivalis Bakterienlast als auch die Neuroinflammation im Hippocampus reduzieren. Die auf der Grundlage des von uns entwickelten Screening Tests identifizierten Patient:innen könnten deshalb zukünftig mit diesem oder einem analogen Gingipain-Inhibitor therapiert werden.